Folgen Sie uns

Hallo, wonach suchen Sie?

Politik

Im Dienste der AKP: Hochschulgruppe an Uni Köln mit Verbindung zur Erdogan-Regierung

Ceyhun Erciyes, türkischer Generalkonsul, bei einer gemeinsamen Veranstaltung mit der Kölner Hochschulgruppe „Türk Ünid“. (Foto: Facebook-Auftritt T.C. Köln Başkonsolosluğu)

Spätestens seit der Bundestagsresolution vom 2. Juni 2016 steht auch in Deutschland offiziell fest: Die Vernichtung von bis zu 1,5 Millionen Armeniern und anderen christlichen Minderheiten im Osmanischen Reich war ein Völkermord. An der Universität zu Köln wird dessen öffentliche Leugnung allerdings weiterhin kritiklos toleriert.

In der Armenien-Resolution, die parteiübergreifend mit überwältigender Mehrheit verabschiedet wurde, heißt es im Wortlaut:

Heute kommt schulischer, universitärer und politischer Bildung in Deutschland die Aufgabe zu, die Aufarbeitung der Vertreibung und Vernichtung der Armenier als Teil der Aufarbeitung der Geschichte ethnischer Konflikte im 20. Jahrhundert in den Lehrplänen und -materialien aufzugreifen und nachfolgenden Generationen zu vermitteln.

Ganz konkret ist damit ebenfalls die Universität zu Köln gemeint. Dennoch toleriert man dort die Hochschulgruppe „Türk ÜniD – Türkischer Studentenverein Köln“, die ungeniert als Lobbygruppe für die türkische AKP-Regierung fungiert. Die Beweislage hierfür ist erdrückend.

Auf der Website der Universität zu Köln heißt es, dass eine Zulassung als eingetragene studentische Vereinigung aufgrund der Bestimmungen der „Ordnung über die Eintragung studentischer Vereinigungen in die Matrikel der Universität zu Köln“ erfolgt. In dieser Ordnung ist festgelegt, dass die Eintragung einer studentischen Vereinigung in die Matrikel voraussetzt, dass eine Bereitschaft ihrer Mitglieder zur aktiven Toleranz wahrgenommen wird (§ 1 Abs. 1 und § 2 Abs. 2), die studentischen Vereinigungen weder parteipolitsch noch konfessionell gebunden sein dürfen (§ 2 Abs. 3) und keine Hinweise für verfassungs- oder gesetzwidrige Bestrebungen oder Handlungen einer Vereinigung bestehen (§ 3 Abs. 5). Die „Türk ÜniD“ selbst verpflichtet sich laut eigener Satzung zur „politischen Neutralität“. Doch wie sieht die Realität aus?

Laut eigenem Facebook-Auftritt findet zwischen der Hochschulgruppe „Türk Unid“ und dem Vorsitzenden der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion e.V. (DITIB) ein direkter und persönlicher Informationsaustausch statt. Die DITIB stand unter anderem wegen ihrer Spionage für den Geheimdienst der Türkei in der Kritik und wird von den Landesämtern für Verfassungsschutz dem türkischen Nationalismus zugerechnet. Es ist darüberhinaus inzwischen hinlänglich bekannt, dass die DITIB als verlängerter Arm der autokratischen AKP-Regierung des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan gilt.

Des Weiteren besteht ein direkter und persönlicher Kontakt zwischen der „Türk Unid“ und der Botschaft der Republik Türkei in Berlin. Auch dies ist unter anderem dem eigenen Facebook-Auftritt der Hochschulgruppe offenkundig zu entnehmen. Die türkische Hochschulgruppe der Uni Köln stand zudem in einer „bezahlten Partnerschaft“ mit dem Generalkonsul der Türkei, Ceyhun Erciyes, auf dessen Anwesen eine gemeinsame Veranstaltung abgehalten wurde. Die von der „Türk Ünid“ per Satzung definierte „politische Neutralität“ sowie die von der Uni Köln per Ordnung vorgeschriebene parteipolitsche Unabhängigkeit sind de facto nicht gegeben.

Recherchen ergaben außerdem, dass die türkische Hochschulgruppe auch in den AKP-Mails auftaucht, die auf der Investigativplattform Wikileaks enthüllt wurden. Diese E-Mails stammen von Servern der türkischen Regierungspartei von Präsident Erdogan.

Straftatbestand § 189 StGB

Doch die „Türk Ünid“ ist auch in der Leugnung des Genozids an den Armeniern aktiv. In diesem Zusammenhang traf sich die Hochschulgruppe mit den CDU-Politikern Dr. Ralph Elster und dem Vorsitzenden der CDU-Köln Bernd Petelkau, um ein Andenken an den Genozid an den Armeniern durch einen Kreuzstein auf dem armenischen Friedhof am Lehmbacher Weg in Köln zu verhindern. Ein Foto des gemeinsamen Treffens wurde öffentlich auf Facebook geteilt. Dem Posting angehängt war ein Link zur „Initiativplattform der türkischen Vereine und Verbände in Köln und Umgebung“ (KTDP), welche ebenfalls eine Agenda zur Leugnung des Genozids an den Armeniern vorantreibt. Ein Öffentlicher Brief der Initative, mit dem der armenische Kreuzstein zum Genozid verhindert werden sollte, wurde auch von der „Türk Ünid“ unterzeichnet. Die Initiative, die im Impressum auf die selbe Anschrift verweist wie die „Türk Ünid“, teilte zudem auf Facebook ein Foto des Integrationsrates Duisburg, auf dem der Völkermord an den Armeniern als „imperialistische Lüge“ bezeichnet wird. Sprecher der KTDP ist Levent Taşkıran, der zeitgleich Präsident der Hochschulgruppe „Türk Ünid“ an der Uni Köln ist.

Levent Taşkıran bezeichnete auch über seinen Twitter-Account die Vernichtung von bis zu 1,5 Millionen Armeniern als „Genozidlüge“. Hierbei handelt es sich nicht um eine freie Meinungsäußerung, sondern um einen Straftatbestand. Das OVG-Berlin-Brandenburg urteilte, dass die Bezeichnung des Genozids an den Armeniern als „Lüge“ den Straftatbestand § 189 StGB (Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener) erfüllt. „Das Verunglimpfen des Andenkens eines Verstorbenen setzt eine besonders grobe und schwerwiegende Herabsetzung voraus.“, heißt es in dem Gerichtsurteil. Auch hier wird offenkundig und massiv gegen die Ordnung der Universität zu Köln verstoßen.

Uni Köln toleriert eklatante Verstöße

Im Juni 2019 wurde der Uni-Rektor Prof. Axel Freimuth aber auch die Verwaltung sowie der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) über den Sachverhalt schriftlich informiert. Der Eingang der Nachricht wurde im Auftrag des Rektorats von der Leiterin der Abteilung 11 „Gremien- und sonstige akademische Angelegenheiten“ der Universität zu Köln bestätigt. Man wolle die Angelegenheit prüfen, hieß es daraufhin seitens der Hochschule. Nach fast einem Jahr der Prüfung teilte der Kanzler der Uni Köln, Dr. Michael Stückradt, sodann mit, dass man keine „heranziehbaren Erkenntnisse“ habe finden können.

„Über die Hochschulgruppe „Türk ÜniD“ wurden sorgfältige interne und externe Prüfungen unternommen. Eine Prüfung des Justitiariats der Universität zu Köln kam zu dem Ergebnis, dass aktuell keine rechtliche Grundlage besteht, die Hochschulgruppe aus der Matrikel zu streichen. Auch eine externe Abfrage der Universität zu Köln in Bezug auf die Hochschulgruppe hat keine heranziehbaren Erkenntnisse erbracht.“, schreibt der Kanzler Dr. Michael Stückradt.

Diese Mitteilung der Uni Köln ist in vielerlei Hinsicht höchst besorgniserregend, denn sie bedeutet, dass die Universität zu Köln in der Begehung einer Straftat (§ 189 StGB) offensichtlich keine rechtliche Grundlage für die Streichung einer Hochschulgruppe aus ihrer Matrikel sieht. Das Prüfungsergebnis der Uni steht zudem diametral und in völligem Widerspruch zur Armenien-Resolution des Bundestages (Drucksache 18/8613) sowie dem Urteil des Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg und ist damit höchst bedenklich. Auch das die Verantwortlichen der Uni Köln mehrfache öffentliche Leugnung des in Deutschland per Bundestagsresolution und per Gericht anerkannten Genozids an den Armeniern durch die „Türk ÜniD“ mit den Bestimmungen ihrer Ordnung, darunter „aktive Toleranz“, vereinbar sehen, ist skandalös.

Was genau seitens der Universität innerhalb dieses einen Jahres geprüft worden sein soll, bleibt offen. Die detaillierten Beweise für eine offenkundig unsaubere Prüfung und damit verbundenen Fragen die der Uni Köln im Nachgang zugesendet wurden, sind bis dato unbeantwortet geblieben.

Werbung
Werbung
Werbung

Meistgelesen

Werbung

Weitere Themen

Bergkarabach

Die seit acht Monaten andauernde Blockade des Lachin-Korridors durch Aserbaidschan hat zu einer humanitären Krise geführt. Eine Gruppe türkischer Intellektueller ruft die internationale Gemeinschaft...

Meinung

Ein Offener Brief an Außenministerin Annalena Baerbock Sehr geehrte Frau Baerbock, seitdem Sie die verantwortungsvolle Aufgabe der Außenministerin für unser Land Deutschland inne haben,...

Panorama

Gastbeitrag von Erol Ünal Will man erfahren, wie ein Land mit seiner historischen Vergangenheit umgeht, so hilft oft ein Blick auf die Namensgebung von...

Panorama

Die Initiative „Völkermord erinnern“ hat am Montag, den 25. April, unter Berufung auf die Gemeindeordnung NRW beim Verwaltungsgericht Köln, beim Amt für Denkmalschutz und...