Aserbaidschan sollte alle möglichen Übergriffe auf armenische Kriegsgefangene untersuchen und die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen, sagt Giorgi Gogia, stellvertretender Direktor der Abteilung Europa und Zentralasien bei Human Rights Watch.
„Nach den Kämpfen vom 16. November, den schlimmsten seit dem Ende des zweiten Bergkarabach-Krieges im vergangenen Jahr, nahm Aserbaidschan mindestens 13 armenische Soldaten gefangen. Zahlreiche Videos in den sozialen Medien zeigen, wie aserbaidschanische Streitkräfte Kriegsgefangene in der Haft grausam und erniedrigend behandeln. Die Misshandlung von Kriegsgefangenen ist ein Kriegsverbrechen“, so Gogia in einem Twitter-Post.
„Einige der Soldaten begehen die Misshandlungen mit Stolz und verbergen nicht einmal ihr Gesicht. Aserbaidschan ist außerdem an das absolute Verbot von Folter und anderer erniedrigender Behandlung gebunden“, fügte er hinzu.
„Abscheuliche Videos, die HRW noch nicht unabhängig verifiziert hat, zeigen Schläge, Tritte und Fußtritte gegen armenische Kriegsgefangene sowie Beleidigungen ihrer Würde. Die Genfer Konventionen schützen Kriegsgefangene »insbesondere vor Gewalttaten oder Einschüchterung sowie vor Beleidigung und öffentlicher Neugier«“, sagte Giorgi Gogia.
Er erinnerte daran, dass nach der Dritten Genfer Konvention gefangen genommene Kämpfer den Status von Kriegsgefangenen erhalten und nach Beendigung der Feindseligkeiten zurückgegeben werden sollten.
Am 16. November eröffnete Aserbaidschan eine Militäroffensive auf Staatsgebiet Armeniens und drang in die südliche armenische Provinz Syunik vor. Ziel der autokratischen Regierung in Baku ist es, einen Korridor, den sogenannten „Zangesur-Korridor“, zur Exklave Nachitschewan und damit eine direkte Verbindung zur Türkei durch den Süden Armeniens zu erreichen. Der aserbaidschanische Diktator Ilham Aliyev drohte bereits im April dieses Jahres dieses Vorhaben auch mit Gewalt umsetzen zu wollen: „Wir setzen den Zangezur-Korridor um, ob Armenien ihn will oder nicht. Wenn sie wollen, werden wir dieses Problem einfacher lösen, wenn sie nicht wollen, werden wir es mit Gewalt lösen“, sagte Aliyev laut der aserbaidschanischen Nachrichtenseite turan.az.
Auch in einer Gemeinsamen Erklärung aus dem Europäischen Parlament wurde der jüngste Angriff Bakus auf Armenien verurteilt: „Die Militäroperation, die Aserbaidschan als Reaktion auf angebliche Provokationen eingeleitet hat, stellt die bisher schwerste Verletzung des Waffenstillstandsabkommens vom 9. November letzten Jahres dar und hat eine noch unbestätigte Zahl von getöteten, verwundeten und gefangenen Soldaten zur Folge. (…) Wir verurteilen jegliche Versuche der »Grenzziehung«, wie sie seit dem Einmarsch aserbaidschanischer Truppen in armenisches Gebiet am 12. Mai zu beobachten sind.“
Der Vorsitzende des Ausschusses für auswärtige Beziehungen des Senats der Vereinigten Staaten, nannte Berichte über armenische Opfer und armenische Soldaten, die von Aserbaidschan als politische Gefangene genommen wurden, „äußerst besorgniserregend“ und forderte einen Stopp und US-Verteidigungshilfe für Aserbaidschan die dazu beitrage, „diese abscheulichen Taten gegen ethnische Armenier zu ermöglichen.“
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch hat bereits im vergangenen Jahr, im Zuge des aserbaidschanischen Angriffskrieges gegen die mehrheitlich armenisch bewohnte Region Bergkarabach, die Misshandlung armenischer Kriegsgefangener in aserbaidschanischem Gewahrsam dokumentiert.
Following Nov 16 fighting, worst since the end of 2nd #Karabakh war last year, #Azerbaijan captured at least 13 Armenian soldiers. Scores of videos on social media show Azerbaijani forces subjecting POWs to cruel & degrading treatment in custody. Abusing POWs is a war crime.🧵 pic.twitter.com/IQurxa5ykR
— Giorgi Gogia (@Giorgi_Gogia) November 19, 2021
Reports of Armenian casualties and Armenian soldiers taken as political prisoners by Azerbaijan are deeply concerning. Defense aid to 🇦🇿 helps enable these heinous acts against ethnic Armenians. It is time to pass my NDAA amendment cutting this aid. https://t.co/gyKNXSSRiA
— Senate Foreign Relations Committee (@SFRCdems) November 17, 2021