Vor kurzem geriet die Dänische Königliche Bibliothek in heftige Kritik für ihre Entscheidung, eine Ausstellung über den Völkermord an den Armeniern zu organisieren und dabei der Türkei zu erlauben eine alternative Ausstellung mit der türkischen Sicht der Dinge zu errichten.
Die Bibliothek ist dem Wunsch des türkischen Botschafters in Dänemark nachgekommen, in der Ausstellung „Der Völkermord an den Armeniern und die skandinavische Antwort“ involviert sein zu dürfen. Die Ausstellung wird derzeit an der Universität Kopenhagen gezeigt.
Der türkischen Botschaft wurde die Gelegenheit geboten, eine türkische Version der historischen Ereignisse zu inszenieren was heftige Kritik aus einer Reihe von Kreisen, darunter Politiker, Historiker und der armenischen Botschaft in Kopenhagen erzeugt hat.
„Dies bedeutet sich dem türkischen Druck zu beugen. Ohne diese beiden Ereignisse zu vergleichen, aber es ist so als würde man den Neonazis gewähren eine Ausstellung zum Holocaust zu arrangieren“, äußerte sich Søren Espersen, ein Sprecher der Dänischen Volkspartei, gegenüber der dänischen Tageszeitung Berlingske.
Die Türkei weigert sich den Begriff „Genozid“ für die Ereignisse 1915-1918 zu verwenden, bei dem je nach Schätzung über 1,5 Millionen Armenier sowie zahlreiche weitere christliche Minderheiten wie Aramäer/Assyrer und Pontos-Griechen während der Massenvernichtung, durchgeführt durch das Osmanische Reich, ums Leben kamen. Die Türkei widerspricht dem und sagt, es habe sich bei den Toten um ein Nebenprodukt des Ersten Weltkriegs gehandelt und das es Opfer auf beiden Seiten gab.
Matthias Bjørnlund, Historiker und führender dänischer Experte auf dem Gebiet des Völkermords an den Armeniern, ist fassungslos über die Entscheidung der Dänischen Königlichen Bibliothek in diesem Fall.
„Wenn sie glauben, dass alle Versionen der Geschichte gleichgestellt sind, dann haben sie ihre Rolle als Forschungseinrichtung untergraben“, sagte Bjørnlund der Zeitung Berlingske. „Es war Genozid und nicht alle Interpretationen dieser Geschichte sind korrekt.“
Der armenische Botschafter in Dänemark, Hrachya Aghajanyan, der ein Co-Gastgeber der ursprünglichen Ausstellung ist, ist von der Entscheidung der Bibliothek enttäuscht.
„Ich hoffe, dass die Königliche Bibliothek ihre Entscheidung überdenkt und dem möglichen türkischen Druck nicht nachgeben wird“, so Aghajanyan. „Es kam sehr unerwartet, dass der Türkei erlaubt wurde eine Ausstellung unter solch einem Titel zu präsentieren. Es war schockierend. Die ursprüngliche Ausstellung handelt mehrheitlich davon, wie mutig die Skandinavier den Armeniern während des Genozids geholfen haben. In Anbetracht dieser Tatsache ist eine türkische Gegen-Ausstellung unter dem Titel „Der angebliche Völkermord an den Armeniern“ umso mehr unangebracht.“ äußerte sich der armenische Botschafter Hrachya Aghajanyan weiter.
Aber Erland Kolding Nielsen, Direktor der Königlichen Bibliothek, bestreitet, dass sich die Institution dem Druck der Türkei gebeugt hat. „Man kann uns nicht unter Druck stellen und wir haben nicht über das Entfernen der armenischen Ausstellung gesprochen. Wir haben der Türkei einfach nur die Möglichkeit gegeben, ihre alternative Ausstellung zu zeigen“, sagte Nielsen der Tageszeitung Berlingske.
Cecilie Banke, Leiterin des dänischen Instituts für Internationale Holocaust und Genozid Forschung (DIIS), ist ebenfalls der Ansicht, dass nun vor allem die Armenier das Gefühl haben werden Dänemark habe sich dem Druck der Türkei gebeugt.
„Es sind solche Aktionen die dazu führen, dass armenische Interessengruppen, sowie Historiker und andere Wissenschaftler sagen, dies stellt einen türkischen Versuch dar, die brutale Deportation der Armenier und anderer christlicher Minderheiten herunterzuspielen. […] Heutzutage erwarten wir, dass ein Land seine Schuld bekennt, für seine Verfehlungen büßt und deren Opfer entschädigt. Das ist genau das, wogegen die Türkei kämpft. Die Türkei glaubt nicht für die Verbrechen die vom Osmanischen Reich während des Ersten Weltkriegs begangen wurden verantwortlich zu sein. Auch sieht sie sich selbst nicht in der Position etwas vergleichbares getan zu haben wie Deutschland oder das sie für etwas büßen oder irgendjemanden entschädigen müsste.“, so Cecilie Banke.
„Anstatt der Türkei zu erlauben ihre Version der Massaker an den Armeniern zu präsentieren, sollte die Bibliothek Versuche von Historikern unterstützen, den Völkermord an den Armeniern in einen historischen Kontext zu platzieren, zusammen mit anderer religiös motivierter Gewalt die als Resultat des Zerfalls des Osmanischen Reiches entstanden ist“, äußerte sich Banke weiter in der Zeitung „The Copenhagen Post“.