Die Türkei könnte im Nahen Osten als regionale Ordnungsmacht fungieren. Voraussetzung ist die Anerkennung des Genozids an christlichen Minderheiten, so der türkische Historiker Taner Akçam am 6. Juni. Am 12. Juni findet ein weiterer Vortrag mit Schwerpunkt christliche Minderheiten in Syrien statt.
Der Historiker Taner Akçam sprach im Rahmen der Vortragsreihe „The Future of Religious Minorities in the Middle East“, organisiert von der Menschenrechtsorganisation Christian Solidarity International. Schwerpunkt war der Völkermord an den Armeniern. Taner Akçam ist der erste türkische Historiker, der den Genozid öffentlich anerkannte. In seinem soeben erschienenen Buch weist er den Genozid anhand von Quellen aus den osmanischen Archiven nach. Über eine Million Armenier wurden 1915 umgebracht. Ein Drittel der damaligen Bevölkerung Südanatoliens war 1913-1918 von Deportationen oder Massakern betroffen – zuerst die Griechen, dann auch Armenier und Assyrer/Aramäer.
Nach Ansicht Akçams hätte die Türkei das Potenzial, als regionale Ordnungsmacht zu fungieren. Voraussetzung dafür sei allerdings eine breitere Akzeptanz durch die Staatengemeinschaft, so Akçam. Dazu müsse die Türkei den Völkermord an den Armeniern endlich anerkennen – dies wäre hilfreich.
Die gegenwärtige Entwicklung in Syrien und allgemein im arabischen Sprachraum zeigt, wie wichtig eine verlässliche Ordnungsmacht im Nahen Osten wäre.
Am 12. Juni spricht Dr. Habib C. Malik, Professor für Geschichte und Kulturwissenschaft, über die Situation von religiösen Minderheiten im Nahen Osten mit Schwerpunkt auf Syrien.