Mehrere westliche Länder haben mit Entsetzen auf Videoaufnahmen reagiert, die die Massenhinrichtung armenischer Kriegsgefangener zeigen. Die Aufnahmen sind im Zuge des aserbaidschanischen Angriffs auf souveränes Staatsgebiet Armeniens Mitte September entstanden. Ein von den USA vermittelter Waffenstillstand sorgte vorerst für Ruhe.
In den sozialen Medien wurde im Anschluss Filmmaterial verbreitet, das mehrere aserbaidschanische Soldaten zeigt, die mehrere unbewaffnete auf dem Boden kniende armenische Soldaten hinrichten.
Der Sprecher des US-Außenministeriums, Ned Price, schrieb, die Vereinigten Staaten seien „beunruhigt über die jüngsten Berichte über die Hinrichtung unbewaffneter armenischer Gefangener durch aserbaidschanische Soldaten“. Man fordere eine umfassende und unparteiische Untersuchung. „Die Verantwortlichen für alle Gräueltaten müssen zur Rechenschaft gezogen werden.“, so das US-Statement.
Die Außenministerien in Kanada, Griechenland, Litauen, Norwegen und Luxemburg zeigten sich „beunruhigt“ und „zutiefst schockiert“ von den Hinrichtungsvideos und forderten, dass die Täter zur Rechenschaft gezogen werden müssen.
Auch aus dem französischen Außenministerium gab es ein Statement. „Die Videos von Massenhinrichtungen armenischer Gefangener durch die aserbaidschanische Armee sind zutiefst schockierend.“ Frankreich forderte darüber hinaus die Freilassung aller noch inhaftierter armenischer Gefangener.
Die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Luise Amtsberg, zeigte sich in einem Tweet ebenfalls „entsetzt“ über das Video der Hinrichtung armenischer Kriegsgefangener, erwähnte allerdings anders als das Auswärtige Amt nicht, von wem die Gewalt ausging.
Aus dem Auswärtigen Amt heißt es auf Haypress-Anfrage: „Jüngste Berichte über die Hinrichtung von armenischen Kriegsgefangenen durch aserbaidschanische Soldaten sind extrem verstörend und müssen aufgeklärt werden. Deutschland verurteilt jegliche Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht. Die Konfliktparteien sind verpflichtet, die Einhaltung des humanitären Völkerrechts und der Menschenrechte sicherzustellen, Verletzungen abzustellen und die Täter zur Rechenschaft zu ziehen.“
In einer eher ungewöhnlichen Kritik an den aserbaidschanischen Behörden erklärte auch die britische Botschaft in Aserbaidschan, sie sei „entsetzt“ über die Aufnahmen: „Die britische Botschaft ist entsetzt über ein Video, das zu zeigen scheint, wie gefangene armenische Soldaten von aserbaidschanischen Streitkräften erschossen werden. Wir begrüßen die Ankündigung der aserbaidschanischen Generalstaatsanwaltschaft, das Video umfassend untersuchen zu wollen. Wir erwarten, dass das Ergebnis der Ermittlungen öffentlich gemacht wird. Wir erwarten, dass alle Vorwürfe der Misshandlung, des Missbrauchs und der Tötung im Schnellverfahren von den zuständigen Behörden umfassend untersucht werden“, heißt es in der Erklärung auf der Facebook-Seite der Botschaft.
Der EU-Sprecher, Peter Stano, forderte eine sofortige Untersuchung. Er sagte, die „entsetzlichen Videos“ zeigten „offenbar aserbaidschanische Soldaten, die armenische Kriegsgefangene hinrichten“ und fügte hinzu, dass „solche Verbrechen eindeutig verurteilt werden müssen“.
Außenministerin Annalena Baerbock hat sich auf Haypress-Anfrage bislang weder zum Angriff Aserbaidschans auf Armenien noch zu der Hinrichtung armenischer Soldaten durch Aserbaidschan geäußert.
Russland kritisierte Aserbaidschan nicht ausdrücklich, sondern forderte „die Behörden Aserbaidschans und Armeniens auf, diese Videos unverzüglich umfassend zu analysieren, auch im Hinblick auf Anzeichen von Kriegsverbrechen“.
The United States is deeply disturbed by recent reports of Azerbaijani soldiers executing unarmed Armenian prisoners. We call for a full and impartial investigation. Those responsible for any atrocities must be held to account.
— Ned Price (@StateDeptSpox) October 3, 2022
The reports of Azerbaijani soldiers executing Armenian prisoners of war are deeply disturbing.
Perpetrators of such violence must be held to account and the region must return to a place of stability.
— Mélanie Joly (@melaniejoly) October 4, 2022