In Hamburg beginnt am Mittwoch den 18. April die Veranstaltungsreihe eines rassistischen Vereins.
von Nick Brauns
Armenische Verbände in Deutschland zeigen sich empört über eine Veranstaltungsreihe mit einem bekannten Leugner des türkischen Völkermords an den Armeniern. Kurz vor dem armenischen Genozidgedenktag am 24. April soll der schottische Historiker Norman Stone »den türkischen Standpunkt konkretisieren«. So heißt es in der Einladung der »Union Europäisch-Türkischer Demokraten« (UETD), eines Lobbyverbands der islamisch-konservativen Regierungspartei AKP von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan. Der an der Istanbuler Koc-Universität lehrende frühere Berater der britischen Thatcher-Regierung, Stone, hat sich die türkische Staatsräson zu eigen gemacht, wonach es sich nicht um einen Genozid, sondern um kriegsbedingte Umsiedlungen der christlichen Armenier aufgrund angeblichen Landesverrats gehandelt habe. Es sei eine »vertretbare These«, nur von »550.000 Deportierten« zu sprechen, von denen 50.000 umkamen, behauptet Stone. Er beruft sich auf den heute den faschistischen Grauen Wölfen angehörenden ehemaligen Leiter des amtlichen Instituts für türkische Geschichte, Yusuf Halacoglu. Internationale Historiker sprechen von über einer Million Opfern.
Die vom rassistischen »Verein zur Förderung des Gedankenguts Atatürks« unterstützte Vortragsreihe beginnt am Mittwoch an der Universität Hamburg, am Donnerstag soll eine Veranstaltung an der Berliner Humboldt-Universität stattfinden und am Sonntag eine abschließende im Münchner Völkerkundemuseum. Dessen stellvertretender Direktor Wolfgang Stein verteidigte das, weil es der »Meinungsvielfalt« diene. »Ein derartiger Pluralismus ist jedoch bei Verbrechen wie Völkermord nicht am Platz«, protestiert die »Arbeitsgruppe Anerkennung – Gegen Genozid, für Völkerverständigung« (AGA) in einem Brief an den Münchner Oberbürgermeister Christian Ude (SPD).
Deutsche Offiziere leisteten 1915/16 als Militärberater Beihilfe bei den vom damals in der Türkei herrschenden »Komitee für Einheit und Fortschritt« angeordneten mörderischen Deportationen der Armenier in die mesopotamische Wüste (link). Viele Armenier wurden zudem als Zwangsarbeiter beim Bau der Bagdadbahn durch ein Konsortium unter Führung der Deutschen Bank ausgebeutet. Im Reichstag protestierte als einziger Abgeordneter der Sozialist Karl Liebknecht gegen diese Verbrechen im verbündeten Osmanischen Reich.
(Quelle: Die Tageszeitung junge Welt)