In Armenien hat die Polizei gestern fast hundert Menschen festgenommen, die in der Hauptstadt Jerewan gegen die Regierung und für den Oligarchen Gagik Zarukjan demonstriert haben. „Mehr als 90 Menschen wurden kurzzeitig festgenommen“, sagte ein Polizeisprecher der Nachrichtenagentur AFP. Größere Menschenansammlungen sind in Armenien derzeit wegen der Coronavirus-Pandemie verboten.
Vorausgegangen war der Demonstration eine Hausdurchsuchung bei dem Oppositionsmitglied Gagik Zarukjan, der zu einem der reichsten Menschen Armeniens gehört. Die Sicherheitsbehörden des Landes teilten mit, sie hätten das Haus des Oligarchen durchsucht sowie die Büros seiner Partei „Blühendes Armenien“ (BHK). Hintergrund der Razzien sei „Wirtschaftskriminalität“.
Die Partei von Zarukjan ist die größte Oppositionskraft gegenüber Regierungschef Nikol Paschinjan. Hunderte Anhänger Zarukjans versammelten sich gestern vor dem Sitz der Sicherheitsbehörden und riefen „Paschinjan, Rücktritt!“. Ein Mitarbeiter von Zarukjan, der anonym bleiben möchte, teilte mit, dass am Morgen jeder auf der Arbeit eine Nachricht erhalten habe, in der man aufgefordert wurde zum Haus von Zarukjan zu fahren und für den „Boss“ zu protestieren und ihn zu „beschützen“.
Nach Angaben der armenischen Sicherheitsbehörden soll Zarukjan durch illegale Spiele den Staat um fast 60 Mio. Dollar (53 Mio. Euro) gebracht haben. Er solle dazu verhört werden. Als Abgeordneter verfügt er über Immunität. Zarukjan weist alle Anschuldigungen als „politisch motiviert“ zurück.
Darüberhinaus wurde ein vertrauliches Dokument enthüllt, aus dem hervorgeht, dass Zarukjans BHK-Partei Stimmen bei der Parlamentswahl 2017 gekauft haben soll. Laut dem Dokument wurden 18,50 Euro (10.000 armenische Dram) je Stimme gezahlt. Dutzende von Durchsuchungen wurden durchgeführt, bei denen Dokumente mit detaillierten Aufzeichnungen zu Bestechungsgeldern beschlagnahmt wurden. Die Liste enthält auch einen Betrag in Höhe von 750.000 Dram (etwa 1.500 Dollar) der Journalisten zugeteilt wurde.
Regierungschef Nikol Paschinjan, der seit 2018 an der Macht ist, hat sich den Kampf gegen die Korruption zum Ziel gesetzt und eine Justizreform eingeleitet.