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Meinung

Völkermord an den Armeniern: Sympathisiert SPD-Stadtrat mit türkischen Leugnern?

Christian Joisten (SPD), Mitglied im Rat der Stadt Köln. (Foto: porzspd.de)

Der Kölner SPD-Stadtrat Christian Joisten hat am 25. Mai die Leugnungsthesen der Türkischen Gemeinde in Deutschland (TGD) mit dem Kommentar „Sehr bedenkenswerte Positionierung!“ verbreitet. Die TGD ist aktiv, die Anerkennung des Genozides im Bundestag am 2. Juni 2016 zu stoppen.

Ein Kommentar von Rechtsanwalt Ilias Uyar

Herr Joisten, ich dachte ja wirklich, dass Sie nicht wussten in was Sie da reingeraten sind, als Sie Ihre Teilnahme an einer Veranstaltung von „Dein Köln“ im April absagten, die dazu diente, den Völkermord an den Armeniern zu leugnen.

Sie teilen hier ein Pamphlet der Türkischen Gemeinde in Deutschland und versehen es mit dem Kommentar: „Sehr bedenkenswerte Positionierung!“. Ich will auf Einzelheiten des Textes nicht eingehen, nur so viel: Es ist widerlich, wenn der armenische Journalist Hrant Dink, der vor 9 Jahren auf offener Straße in Kölns Partnerstadt ermordet wurde, von der TGD für ihre Zwecke instrumentalisiert wird. Hier wird das Andenken Hrant Dinks, der in der Türkei offen vom Völkermord an den Armeniern gesprochen hatte, missbraucht. Sie teilen das auch noch, das ist mehr als pietätlos. Die TDG fordert wieder, so wie die Genossen vom Verein Türkischer Sozialdemokraten aus Köln: „Auf unseren Vorschlag hin wurde bereits 2001 die Forderung nach einer unabhängigen Expertenkommission publik und gilt – zumindest auf Seiten der Republik Türkei – mittlerweile als herrschende Ansicht zur Lösung dieser Frage.“

Was die TGD und ihre Leute verschweigen – es gab bereits eine solche Kommission!

Die Türkisch-Armenische Versöhnungskommission (TARC) wurde (2001) gegründet und hat im beiderseitigen Einvernehmen schon 2002 das „International Center for Transitional Justice, ICTJ“ mit der Untersuchung der Anwendbarkeit der 1948 beschlossenen Genozidkonvention auf die Ereignisse von 1915 beauftragt. Am 4. Februar 2003 kam das ICTJ zu dem Urteil, dass die Ereignisse von 1915 alle Straftatbestände der Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes erfüllen. (Quelle: ICTJ-Urteil, D. Conclusion, Seite 17)

Und noch was, wo Sie ein Anhänger bedenkenswerter Positionierungen sind: Haben Sie jemals persönlich von einem Holocaustüberlebenden oder einem seiner Nachfahren einen Kommissionsbericht oder Dokumenten-Beweis verlangt, damit sie den Holocaust als wahr anerkennen können? Wenn nein, wieso nicht? Merken Sie vielleicht jetzt, wie pervers Ihr geteilter Inhalt auf mich wirkt. Ich bin der Urenkel einer großen armenischen Familie, die durch den Genozid fast ausgelöscht wurde.

Willy Brandt hat mit einer Geste in Warschau Menschlichkeit bewiesen und sich mit den Opfern der Nationalsozialisten offen solidarisch gezeigt. Wenn es nach den TGD-Positionen ginge, wäre der Kniefall von Willy Brandt nicht möglich gewesen. In der Debatte um den Genozid an den Armeniern stünde es Ihnen gut zu Gesicht, sich an Willy Brandt zu orientieren, als wie hier geschehen Leugnerthesen der TGD zu verbreiten.


Ilias Uyar ist Rechtsanwalt und war von 2012 bis 2016 Vorsitzender des Diözesanbeirats der armenischen Kirche in Deutschland.

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