Papst Franziskus hat seinen Appell wiederholt, einen globalen und sofortigen Waffenstillstand zu respektieren, um vor allem in Konfliktgebieten die Voraussetzungen für Frieden und Sicherheit zu schaffen, um die nötige humanitäre Hilfe leisten zu können. Er äußerte sich an diesem Sonntag nach dem Mittagsgebet.
Mit Sorge verfolge der Papst in den letzten Tagen auch die wiederaufflammenden bewaffneten Gefechte in der Kaukasus-Region zwischen Armenien und Aserbaidschan, berichtet Vaticannews.
„Während ich den Familien derer mein Gebet zusichere, die während der Zusammenstöße gestorben sind, hoffe ich, dass man mit dem Einsatz der internationalen Gemeinschaft und mit Dialog und gutem Willen der Parteien eine friedliche und langwierige Lösung finden kann, die das Wohl dieser geliebten Völker im Sinn hat“, appellierte der Papst.
Seit vergangenem Sonntag sind in der Grenzregion zwischen Aserbaidschan und Armenien Gefechte im Gang. Beobachter Stefan Meister, Büroleiter der Heinrich-Böll-Stiftung für die Region Südkaukasus, bestätigt die Vermutung, dass die jüngste Eskalation allen Anschein nach von Aserbaidschan ausgelöst wurde: „Es scheint so zu sein, dass die aserbaidschanische Seite auf das armenische Territorium gefahren ist und da haben die Armenier sofort reagiert. Dann ist es eskaliert, man hat mit schweren Waffen zurückgeschlagen, und so ist es hin und her gegangen.“, sagte Meister in einem Gespräch mit der Deutschen Welle.
Armenien und Aserbaidschan befinden sich seit fast 30 Jahren in einem Konflikt um die armenisch bewohnte De-facto-Republik Bergkarabach (Arzach). Die Auseinandersetzung am Sonntag allerdings, ereignete sich fernab von diesem umstrittenen Gebiet was den jüngsten Angriff so heikel macht.
Die Region Bergkarabach überschneidet sich mit dem Großteil der historischen armenischen Provinz „Arzach“, welches Bestandteil des Königreichs Armenien war (189 v. Chr. bis 387 n. Chr.). 1921 schenkte Josef Stalin Bergkarabach der muslimischen Sowjetrepublik Aserbaidschan. 1923 wurde es eine autonome Provinz, allerdings waren 94% der dort lebenden Menschen christliche Armenier, die den Autonomiestatus zurückwiesen. Durch den Zerfall der UdSSR erklärte sich Bergkarabach am 2. September 1991 per Volksentscheid für unabhängig. Baku reagierte mit einer Blockade der Region und versuchte die Kontrolle mit militärischen Mitteln zurück zu gewinnen. Daraufhin griff Armenien mit russischer Unterstützung ein und besetzte ca. 14% des Territoriums Aserbaidschans als Schutzzone. Einem 3-jährigen Krieg und ca. 30.000-50.000 Toten folgte im Mai 1994 ein seit jeher brüchiges Waffenstillstandsabkommen.
International wird das Gebiet bis heute nicht als eigenständiger Staat anerkannt. Immer wieder kommt es im Grenzgebiet zu Gefechten. Der seit 2003 amtierende autokratische Präsident Aserbaidschans, Ilham Aliyev, hatte vor einigen Tagen noch kritisiert, dass die Gespräche zur Beilegung des Konflikts um Bergkarabach festgefahren seien. In diesem Zusammenhang schloss Aliyev einen neuen Krieg mit Armenien nicht aus.
In einer Studie des führenden deutschen Forschungsinstitut „Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP)“ wurde unter anderem das auf Armenien und Armenier bezogene Feindbild in Aserbaidschan analysiert. Die SWP, welche auch den Bundestag und die Bundesregierung berät, stellte fest, dass weit verbreitete Ressentiments gegenüber Armeniern eine freiwillige Rückkehr Bergkarabachs unter aserbaidschanische Hoheit kaum vorstellbar machen. Zudem akzeptiere laut einer Meinungsumfrage nur ein winziger Teil der aserbaidschanischen Bevölkerung einen Sonderstatus für Bergkarabach im territorialen Bestand Aserbaidschans.