Im Konflikt um die Region Bergkarabach wollen sich Armenien und Aserbaidschan armenischen Angaben zufolge auf eine vorläufige Grenzziehung einigen. Gemeinsame Kommissionen und Arbeitsgruppen sollen die «komplexen Prozesse» der Demarkation der Staatengrenze verhandeln, wie das armenische Außenministerium am Freitag mitteilte. Demnach sollen außerdem mehrere temporäre Kontrollposten in der Region im Südkaukasus eingerichtet werden.
Nach einem wochenlangen Krieg in Bergkarabach, begonnen von Aserbaidschan mit Unterstützung der Türkei und dschihadistischen Söldnern, hatten sich die beiden Staaten am 9. November 2020 unter Vermittlung Russlands auf eine Waffenruhe geeinigt. Das Abkommen sieht unter anderem die Übergabe einiger bislang von Armenien kontrollierter Gebiete an Aserbaidschan vor.
Russlands Präsident Wladimir Putin stehe in einem «intensiven telefonischen Dialog mit seinen Kollegen in Armenien und Aserbaidschan», sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Freitag der Agentur Interfax zufolge. Zuvor hatte Armeniens Ministerpräsident Nikol Paschinjan auf Facebook von zwei Telefonaten mit Putin berichtet. Die Waffenruhe in Bergkarabach wird von 2000 russischen Friedenssoldaten überwacht.
Bei dem jüngsten Krieg starben mehrere Tausend Menschen. Laut Karabach-Behörden sollen auf armenischer Seite mehr als 2000 Soldaten ums Leben gekommen sein. Aserbaidschan machte bislang unter Berufung auf das Kriegsrecht keine Angaben zu Verlusten in den eigenen Truppen.
Die beiden Kaukasus-Staaten befinden sich seit fast 30 Jahren in einem Konflikt um die Kontrolle über die Region Bergkarabach. Die Region überschneidet sich mit dem Großteil der historischen armenischen Provinz „Arzach“ , welches Bestandteil des Königreichs Armenien war (189 v. Chr. bis 387 n. Chr.). 1921 wurde Bergkarabach von Josef Stalin der Aserbaidschanischen SSR zugeschlagen, obwohl Armenier 94% der dortigen Bevölkerung ausmachten, die mit der Entscheidung unzufrieden waren. Durch den Zerfall der UdSSR erklärte sich Bergkarabach am 2. September 1991 per Volksentscheid – und in Übereinstimmung mit der sowjetischen Verfassung – für unabhängig. Baku reagierte mit einer Blockade der Region und versuchte die Kontrolle mit militärischen Mitteln zurück zu gewinnen. Daraufhin griff Armenien mit russischer Unterstützung ein und besetzte ca. 14% des Territoriums Aserbaidschans als Schutzzone. Einem 3-jährigen Krieg und ca. 30.000-50.000 Toten folgte im Mai 1994 ein brüchiges Waffenstillstandsabkommen. Durch den völkerrechtswidrigen Angriff Aserbaidschans am 27. September 2020, holte sich die autokratische Aliyev-Regierung weite Teile des Anfang der 1990er verlorenen Gebiets militärisch und mit türkischer Unterstützung zurück.
(dpa/HAYPRESS)