Wie die türkische Menschenrechtsorganisation „DurDe“ berichtet, hatte Kemal Çiçek, Vorsitzender der „Türkisch Historischen Gesellschaft“ (TTK) der Türkei (Sektion Armenien), Garo Paylan, einen führenden armenischen Intellektuellen in Istanbul, öffentlich im Fernsehen mit einer Exilierung bedroht.
Am 25. April 2012 fand in einem des beliebtesten türkischen TV-Programms der Türkei, „Neutral Zone“ des Senders CNN Türk, eine Debatte mit dem Thema „Die armenische Frage“ statt. Die eine Seite war vertreten durch den armenischen Intellektuellen aus Istanbul, Garo Paylan und Orhan Kemal Cengiz, türkischer Anwalt, Journalist und Menschenrechtsaktivist. Die Gegenseite belegte ein nationalistischer Block, so schreibt Cengiz in seinem Artikel „Armenian question: despair and hope“ in der Today’s Zaman. Diese Gegenseite bestand aus einem ehemaligen Politiker der türkischen Republikanischen Volkspartei (CHP), Uluç Gürkan, der Rektorin der Giresun Universität, Aygün Attar und Kemal Çiçek.
Die Debatte war extrem stickig sagt Cengiz. Plötzlich prasselten viele offizielle „Argumente“ auf uns nieder, schreibt er weiter. In seinem kürzlich erschienen Artikel in der Today’s Zaman, schreibt Orhan Kemal Cengiz:
Es war wirklich ärgerlich zu sehen, dass diese Menschen ihre Argumente nie auch nur ein Stück ändern. Sie versuchen nicht einmal etwas schlauer oder gebildeter zu sein. Aber das unerfreulichste kam am Ende. Die Debatte war sehr hitzig, manchmal sehr intensiv und unser „offizieller Historiker“ [Kemal Çiçek] sprach einige Worte aus, die uns schockierten. Kemal Çiçek bedrohte Garo indem er sagte, dass „er ebenfalls in Kalifornien enden werde“ [wenn er so weitermacht], wie seine Vorfahren. Dieser Herr Çiçek ist ein Historiker der offiziellen historischen Institution der Türkei und er ist verantwortlich für die armenische Frage.
Orhan Kemal Cengiz schreibt weiter, ob die Türkei auch nur einen Zentimeter voranschreiten kann mit solcher Art von „Historikern“.
Die Arbeitsgruppe Anerkennung e.V. (AGA) schreibt, dass Kemal Çiçeks „ungeheuerliche Drohung“ auf die Überlebenden des Genozids abziele. Weiter schreibt die AGA in ihrer Erklärung vom 2. Mai:
[Kemal Çiçek] drohte Paylan mit dem Tod: „Du wirst die Reaktion aller Türken erleben“, bzw., unter Anspielung auf die Deportationen, „das Weite“ suchen.
Der Istanbuler Zweig des türkischen Menschenrechtsvereins (IHD) bewertet die Aussage von Kemal Çiçek nicht nur als beleidigend gegen Paylan, sondern gegen das gesamte armenische Volk. Die Organisation wird heute eine Pressekonferenz abhalten bevor sie im späteren Verlauf des Tages Strafanzeige wegen Volkshetze bzw. Aufruf zum interethnischen Hass (§ 216 StGB/Türkei) gegen Çiçek erstatten wird. Ein Gerichtstermin im Ortsteil Sisli-Caglayan ist bereits anberaumt, so die AGA.
Der Zentralrat der Armenier (ZAD) hat sich diesbezüglich ebenfalls geäußert. In einem Offenen Brief an den Deutschen Bundestag fordern sie Anerkennung und Aufklärung. An dem Offenen Brief beteiligten sich insgesamt 35 Menschengruppen/Organisationen und Vereine der Armenier, Assyrer/Aramäer, Kurden, Türken, Griechen/Pontos-Griechen, Jeziden und Aleviten.